Was ist ein Hiwi am Bundesgerichtshof?

„Hiwi“ und „Hiwa“ sind die liebevollen Kurzformen für die wissenschaftlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beim Bundesgerichtshof. Sie sind nicht mit den Hiwis an Universitäten zu verwechseln: Es handelt sich durchweg um hochqualifizierte Volljuristen, die bereits einige Jahre Erfahrung als Richter oder Staatsanwälte gesammelt haben, und von ihrem Dienstherrn zeitlich befristet an den Bundesgerichtshof abgeordnet werden.

Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt es nicht nur beim Bundesgerichtshof, sondern auch beim Bundesverfassungsgericht und den übrigen Obersten Gerichtshöfen des Bundes (Bundesverwaltungsgericht, Bundesarbeitsgericht, Bundesfinanzhof und Bundessozialgericht).

 

 

Wer kann Hiwi am Bundesgerichtshof werden?

Eine Abordnung an den Bundesgerichtshof steht vor allem Volljuristen aus dem höheren Dienst der Bundesländer offen. Ganz überwiegend handelt es sich um Richterinnen und Richter oder Staatsanwältinnen und Staatsanwälte aus den Landesjustizen. Vorausgesetzt wird in jedem Fall eine mehrjährige Berufserfahrung als Richter/Richterin oder Staatsanwalt/Staatsanwältin.

Eine Stelle als Hiwa/Hiwi ist sehr begehrt. Die Tätigkeit erfordert zudem eine vertiefte, hohen fachlichen Anforderungen und praktischen Erfordernissen gleichermaßen gerecht werdende Verfahrensbearbeitung. Voraussetzung für eine Abordnung sind daher regelmäßig überdurchschnittlich gute Ergebnisse in den juristischen Staatsprüfungen sowie entsprechende dienstliche Beurteilungen. Besondere Vorkenntnisse einer bestimmten Rechtsmaterie sind nicht erforderlich. Interessenten sollten aber in der Regel eine mindestens vier- bis fünfjährige Berufserfahrung mitbringen.

 

Wie wird man Hiwi am Bundesgerichtshof?

Die Abordnungspraxis der einzelnen Bundesländer ist unterschiedlich. Während teilweise die Abordnungsmöglichkeit landesweit ausgeschrieben wird, werden in anderen Bundesländern potentielle Kandidaten gezielt angesprochen. Wer an einer Abordnung interessiert ist, sollte in jedem Fall seine Behördenleitung ansprechen, welche nähere Auskünfte über die Gepflogenheiten des jeweiligen Bundeslandes geben kann.

Eine „Bewerbung“ direkt beim Bundesgerichtshof ist nicht möglich.

Wird ein Kandidat für potentiell geeignet erachtet, lädt ihn die Präsidentin des Bundesgerichtshofs für eine frei werdende Stelle einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin oder eines wissenschaftlichen Mitarbeiters zu einem Vorstellungsgespräch ein. Bei erfolgreichem Ausgang des Vorstellungsgesprächs wird ein Abordnungsersuchen an die jeweilige Landesjustizverwaltung gestellt, welches im Regelfall dann die Abordnung zum verabredeten Zeitpunkt erlässt.

Mit welchem zeitlichen Vorlauf das Vorstellungsgespräch stattfindet, ist unterschiedlich und hängt von der – sich ggf. kurzfristig ändernden – Bedarfssituation ab. Der Zeitraum zwischen Einladung zum Vorstellungsgespräch bis zum Beginn der Abordnung kann daher von wenigen Wochen bis zu einem Jahr reichen.

Wie lange dauert die Abordnung an den Bundesgerichtshof?

Die Abordnung erfolgt für drei Jahre. Im Einzelfall ist es möglich, die Abordnung über diesen Zeitraum hinaus zu verlängern.

Welche Aufgaben hat ein Hiwi am Bundesgerichtshof?

Die Aufgaben eines Hiwis sind vielfältig und es gibt große Unterschiede zwischen den Arbeitsweisen im Zivil- und Strafbereich, aber auch zwischen einzelnen Senaten. Die nachfolgenden Ausführungen bieten daher nur eine grobe Orientierung.

Abordnung an einen Zivilsenat:

In den Zivilsenaten besteht die Hauptaufgabe in der Abfassung von Voten, Urteils- oder Beschlussentwürfen und damit in der schriftlichen Vorbereitung der Senatsentscheidungen. Oftmals werden den Hiwis dabei Verfahren zugeteilt, die besondere Schwierigkeiten oder komplexe Rechtsfragen enthalten, die dann von dem Hiwi aufbereitet werden. Im Regelfall bearbeitet ein Hiwi nur ein (komplexeres) Verfahren und erhält die für eine vertiefte Recherche und Bearbeitung erforderliche Zeit. Zur Tätigkeit der Zivilhiwis gehört zudem im unterschiedlichen Umfang die Teilnahme an mündlichen Verhandlungen oder Senatsberatungen.

Abordnung an einen Strafsenat:

In den Strafsenaten besteht die Hauptaufgabe der wissenschaftlichen Mitarbeiter in der Vorbereitung und Vorstellung eines ihnen zugewiesenen Falls im Rahmen der Beratung sowie der Abfassung von Vorvoten, Urteils- oder Beschlussentwürfen. In der Regel trägt der Hiwi den Fall zusammen mit dem Berichterstatter mündlich in der Beratung vor und macht einen Entscheidungsvorschlag. Hinzu kommt die Teilnahme an den Senatssitzungen.

Für wen arbeite ich als Hiwi am Bundesgerichtshof?

Als Hiwi am Bundesgerichtshof wird man einem Spruchkörper – also einem Zivil-, Straf- oder Spezialsenat – zugewiesen, nicht einer Bundesrichterin oder einem Bundesrichter persönlich. Die konkrete Arbeitszuweisung erfolgt durch den Senatsvorsitzenden. Nach Zuweisung eines Verfahrens durch den Senatsvorsitzenden erfolgt die inhaltliche Abstimmung dann in erster Linie mit dem jeweiligen Berichterstatter. Über die Dauer der Abordnung arbeiten die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter daher für verschiedene Berichterstatter.

Die Hiwis bleiben in der Regel über die gesamte Abordnungsdauer demselben Senat zugewiesen. Hiermit unterscheidet sich die Abordnung an den Bundesgerichtshof von einer Abordnung beispielsweise an das Bundesarbeitsgericht, bei welchem im Laufe der Abordnung eine Tätigkeit bei mindestens zwei unterschiedlichen Senaten vorgesehen ist.

Besteht die Möglichkeit von Heimarbeit?

Ja. Art und Umfang bedarf der Absprache. Zumindest an einem Tag pro Woche ist Heimarbeit regelmäßig möglich. Die technische Ausstattung dafür steht zur Verfügung.

Ist eine Abordnung in Teilzeit möglich?

Ja. Ein Teil der Hiwis und Hiwas sind in Teilzeit tätig. Die konkrete Ausgestaltung ist eine Frage des Einzelfalls und bedarf der Absprache.

Bei weiteren Fragen zum Arbeiten in Teilzeit oder zu den Möglichkeiten der Heimarbeit – insbesondere vor dem Hintergrund der Vereinbarkeit einer Abordnung an den Bundesgerichtshof mit familiären Verpflichtungen – stehen die für die Personalgewinnung zuständige Präsidialrichterin Dr. Desiree Dauber (praesidialrichter@bgh.bund.de; Telefon: 0721/1590), die Gleichstellungsbeauftragte beim Bundesgerichtshof Frau RinBGH Babette Pohl (gleichstellungsbeauftragte@bgh.bund.de; Telefon: 0721/1590) oder das Präsidium der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (praesident@bgh-hiwis.de) gerne als Ansprechpartner zur Verfügung.

 

Muss ich für die Abordnung nach Karlsruhe oder Leipzig ziehen?

Das kommt darauf an. Alternativ gibt es beispielsweise folgende Modelle:

Wochenendpendler

Hiwis oder Hiwas, die – etwa aus familiären Gründen – nicht komplett nach Karlsruhe oder Leipzig umziehen können, mieten teilweise eine Zweitwohnung an. Die dafür anfallenden Mieten werden unter bestimmten Voraussetzungen zumindest teilweise erstattet.

Tagespendler

Unter den Hiwis und Hiwas sind auch einige Tagespendler. Grundsätzlich ist zu sagen, dass eine Pendelzeit von ca. 1 ½ Stunden pro Strecke „von Tür zu Tür“ von den pendelnden Kollegen als machbar eingestuft wird. Bei einer deutlich darüber liegenden Pendelzeit sollte man überlegen, ob nicht vielleicht eine der anderen Optionen sinnvoller ist. Mit der Bahn ist Karlsruhe beispielsweise von Frankfurt am Main, Stuttgart oder Freiburg in ca. einer Stunde im Fernverkehr erreichbar. Hinzu kommt die jeweilige An- und Abreise zum Bahnhof. Es ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass sich die Arbeitsplätze der Karlsruher Hiwis bis auf Weiteres teilweise in der BGH-Außenstelle Rintheimer Querallee befinden. Vom Hauptbahnhof fährt man zur Außenstelle mit öffentlichen Verkehrsmitteln nochmals ca. 40 Minuten, was man in die potentielle Pendelzeit einplanen sollte.Wer ein Pendeln mit dem Pkw in Betracht zieht, für den ist die Anfahrt zur Außenstelle Rintheimer Querallee wegen der Nähe zur A5 regelmäßig günstiger als die Fahrt in die Karlsruher Innenstadt.